Sonntag, August 05, 2007

Jakobsweg: Pilgern als Trend

Ein Deutscher TV-Entertainer, Hape Kerkeling, schreibt über seine Pilgerreise auf dem Jakobsweg. Und auf einmal hört man da von zahlreichen anderen, dass auch sie pilgern waren oder es bald tun werden.

Hört man genauer hin, so stellt man fest: Kaum jemand will wirklich nach Santiago. Kaum einer der Pilger bezeichnet sich als besonders religiös. Es handelt sich um einen Trend, die Zeitgeistjünger springen auf. Und man erzählt, dass man 'pilgern' war. Die Reise muss, wie die neuste Frisur oder das Tattoo, öffentlich gemacht werden, Pilgern als Instrument der Selbstvermarktung.

Wieso muss es nun aber dieser Jakobsweg sein? Man könnte ja auch nach Lissabon wandern. Oder in die Algarve. Oder von Sizilien nach Dänemark. Oder von Canterbury nach Rom, wie das Martin Heule auf der Via Francigena in seiner Reportage in DRS2 zur Abwechslung erfreulicherweise tut.

Der Jakobsweg ist die bekannteste Marke unter den Pilgerwegen. Damit eignet er sich am besten zur Selbstpromotion, man gehört einfach dazu, das zählt schliesslich bei Trends.

Zudem: Die Tradition der Regeln unterworfenen Pilgerreise legitimiert das Wandern als zeitlosen Akt, wer sich mit einreiht, scheint gemeinschaftlichen Zielen verpflichtet, die über die Dauer seines Lebens hinausreichen, erstaunlicherweise auch dann, wenn er mit dem katholischen Heiligenkult nichts am Hut hat. Rituale üben ihre Faszination gerade auch dann aus, wenn sie nicht (mehr) verstanden werden. Sie genügen sich selbst.

Auch ahnt man eine Sehnsucht nach Authentizität, nach unverfälschten Erfahrungen aus erster, analoger und nicht digitaler Hand. Ein Wunsch nach der Erfahrung von Langsamkeit, Einfachheit und Verzicht.

Der Trend ist oberflächlich. Aber die Erfahrung, die die Pilger machen, geht dennoch in die Tiefe. Ist sie gar religiös?

Was belegte den Glauben besser: die dogmatisch korrekte Ueberzeugung oder die Tat? Die Frage bleibt: was wird denn da erfahren, was wird geglaubt?

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