Sonntag, Dezember 11, 2005

Kollegialität im Bundesrat

Es wird beklagt, dass das Kollegialitätsprinzip im Bundesrat kurz vor dem Ende stehe. Fast im Wochenrhythmus erscheinen in den Medien Berichte aus vertraulichen Sitzungen, die den Anschein eines zerrütteten Kollegiums vermitteln.

Zahlreiche Stimmen sehen im Eintritt von Bundesrat Chrisoph Blocher in die Landesregierung und seinem 'stillosen' Verhalten den Grund für einen vielbeschworenen Zerfall der politischen Kultur auf höchster Ebene.

Abgesehen davon, dass es sich hier möglicherweise um Wunschdenken von Leuten mit einer politischen Agenda handelt, könnte es nicht auch sein, dass die beklagen Schwierigkeiten Symptom einer ganz anderen Ursache sind?

Dass nämlich seit Jahrzehnten erklärtermassen nicht die besten sondern bevorzugt durchschnittliche Politiker in die Exekutive gewählt wurden. Nun, da sich ein politisches Schwergewicht in den Bundesrat 'verirrt' hat, rächt sich diese Strategie der Pflege des Mittelmasses.

Vielleicht ist nicht Blocher der falsche Mann sondern es werden einfach die Limiten der anderen schonungslos offengelegt. Nehmen wir nur das Beispiel der letzten Wahl, wo mit Bundesrat Merz sicher der schwächste der drei von der FDP vorgestellten Kandidaten gewählt wurde. Noch stärkere Persönlichkeiten waren bereits in der FDP-internen Entscheidung auf der Strecke geblieben.

Bei der nächsten Wahl wäre doch eigentlich zu wünschen, dass es auch anderen Parteien gelingen mag, starke und fähige Köpfe in den Bundesrat zu hieven. Wenn diese dann, auf der Grundlage von Kompetenz und Ausstrahlung, Bundesrat Blocher in den Sitzungen die fällige Paroli bieten können, werden die Wehklagen rasch verstummen.