Sonntag, Dezember 11, 2005

Kollegialität im Bundesrat

Es wird beklagt, dass das Kollegialitätsprinzip im Bundesrat kurz vor dem Ende stehe. Fast im Wochenrhythmus erscheinen in den Medien Berichte aus vertraulichen Sitzungen, die den Anschein eines zerrütteten Kollegiums vermitteln.

Zahlreiche Stimmen sehen im Eintritt von Bundesrat Chrisoph Blocher in die Landesregierung und seinem 'stillosen' Verhalten den Grund für einen vielbeschworenen Zerfall der politischen Kultur auf höchster Ebene.

Abgesehen davon, dass es sich hier möglicherweise um Wunschdenken von Leuten mit einer politischen Agenda handelt, könnte es nicht auch sein, dass die beklagen Schwierigkeiten Symptom einer ganz anderen Ursache sind?

Dass nämlich seit Jahrzehnten erklärtermassen nicht die besten sondern bevorzugt durchschnittliche Politiker in die Exekutive gewählt wurden. Nun, da sich ein politisches Schwergewicht in den Bundesrat 'verirrt' hat, rächt sich diese Strategie der Pflege des Mittelmasses.

Vielleicht ist nicht Blocher der falsche Mann sondern es werden einfach die Limiten der anderen schonungslos offengelegt. Nehmen wir nur das Beispiel der letzten Wahl, wo mit Bundesrat Merz sicher der schwächste der drei von der FDP vorgestellten Kandidaten gewählt wurde. Noch stärkere Persönlichkeiten waren bereits in der FDP-internen Entscheidung auf der Strecke geblieben.

Bei der nächsten Wahl wäre doch eigentlich zu wünschen, dass es auch anderen Parteien gelingen mag, starke und fähige Köpfe in den Bundesrat zu hieven. Wenn diese dann, auf der Grundlage von Kompetenz und Ausstrahlung, Bundesrat Blocher in den Sitzungen die fällige Paroli bieten können, werden die Wehklagen rasch verstummen.

Freitag, Oktober 21, 2005

Vogelgrippe

Nach mehreren Wochen Aufenthalt weit weg komme ich zurück in die Schweiz und stelle erstaunt fest, dass Tag und Nacht über die Gefahren einer uns angeblich kurz bevorstehenden Pandemie, der Vogelgrippe, diskutiert wird.

Da kann ich nur sagen: ist ja beruhigend, scheint nichts Wesentliches los zu sein hier.

Mittwoch, August 03, 2005

Air France

Breaking News auf CNN: In Toronto ist ein Airbus A 340 der Air France über die Piste gerollt und ausgebrannt. Nach kurzem Suchen im Internet finden sich die mit Abstand ausführlichsten Informationen in einem WIKI. Auf der Homepage von Air France Frankreich oder den USA hingegen: Nichts. Kein Wort von dem Vorfall. Entweder aus Trägheit oder dann aus Angst vor juristischen Reaktionen? Auf jeden Fall erstaunlich. Firmen werden sich vielleicht in Zukunft für solche Fälle etwas überlegen müssen.

Dienstag, August 02, 2005

Wahlen in Deutschland

Wird es Angela Merkel im Herbst 2005 schaffen?

Ist die Physikerin Merkel ein Leader? Leider nicht. Angi hat kein Charisma. Das spricht gegen sie, denn Schröder hat viel davon. Die Leute wählen kein Programm sondern eine Person. Und wenn die Leute ein Programm wählen, werden sie merken, dass die von Schröder verordneten Reformen ihre Pfründe weniger bedrohen als alles, was von der Opposition zu erwarten sein wird. Links von Schröder gibt es eine zusätzliche Option. Das zieht Stimmen ab. Eine linke Koalition wäre möglich. Das einzige, was für eine Wahl von rechts spricht, ist die Hoffnung auf die Vernunft der Wähler.

Vielleicht werden wir noch staunen.

Samstag, Juli 30, 2005

Utopie - Utoquai

Zürcher Badi Utoquai im Abendlicht.

Donnerstag, Juli 28, 2005

Personenfreizügigkeit

Da gibt es diese sogenannten flankierenden Massnahmen, um das sogenannte Lohndumping zu verhindern. Eine kuriose Sache. Denn man macht den schweizerischen Arbeitsmarkt so nur noch attraktiver für ausländische Arbeitssuchende, als er ohnehin schon ist. Garantierte Mindestlöhne auf unserem Niveau - der Besucher aus dem Osten wird sich im Schlaraffenland wähnen. Ob das tatsächlich Druck von unserem Arbeitsmarkt nimmt?

Dienstag, Juli 26, 2005

War am Freitag 22.7.05 in London so heisses Wetter?

"Der Tod von mutmasslichen Kriminellen müsse in Kauf genommen werden." So zitiert die NZZ online (25.7.05, 20.42) die Londoner Polizei.

Ich denke, wir werden nicht mehr viel Gelegenheit haben, weitere unbedarfte Statements dieser Art zu hören, da wird in Kürze ein Maulkorb von ganz oben kommen. Denn das ist eine ganz üble Rechtfertigung des geschehenen Zwischenfalls.

Die Frage ist doch nicht, was mit mutmasslichen Kriminellen geschieht, sondern die Frage ist, was einen in den Augen der Polizei zum mutmasslichen Kriminellen macht. Offensichtlich reicht es, bei warmem Wetter in einer Daunenjacke vor Polizisten in zivil - notabene also wohl kaum als solche erkennbar - zu flüchten.

Hat sich die Schweiz nicht eben kürzlich einen Schritt in Richtung dieses Rechtsraumes ("Schengen") bewegt? Da wird mir aber Angst und Bange.

The question here is not how to deal with a suspect, the question is what makes you a suspect!

Sonntag, Juli 24, 2005

Riesenradhalde Bellevue Zürich

Steht nun dieses läppische Riesenrad wieder den ganzen Sommer lang auf der Sechse-Läuten-Wiese herum, um einsam und verlassen vor sich hin zu drehen? Wie ist das möglich ohne Baubewilligung? Ein Aergernis! Die einäugige Fratze der Chilbi vor dem Opernhaus, man hört das glucksende Gelächter aus den linken Ratsstuben.

Samstag, Juli 23, 2005

Bomben in Sharm: was Sorge macht...

Jeder, der Aegypten schon nur ein klein wenig abseits der üblichen Touristenpfade bereist hat, weiss, dass es in diesem Land unmöglich ist, irgendwo in der Oeffentlichkeit auch nur länger als eine halbe Minute alleine zu sein. Immer ist da jemand. Auch nachts, auch in der entlegensten Seitenstrasse, am Nil oder in der Wüste, überall hat es neugierige Augen und Ohren.

Ein Anschlag wie jetzt in Sharm El Sheik oder wie letztes Jahr in Taba oder wie früher in Luxor kann in diesem Land nicht durchgeführt werden, ohne dass dies zahlreiche Leute im Vorfeld mitbekommen. Ausserdem ist Sharm El Sheik so von Sicherheitskräften infiltriert, dass ich es mir nicht anders vorstellen kann, als dass gewisse Teile der Polizei oder der Behörden mit den Attentätern unter einer Decke stecken oder ihr Vorgehen mindestens billigen. Wer will da Mubarak destabilisieren?

Bomben in London: was Sorge macht...

Wie rasch in England Gesetze geändert wurden, so dass die Polizei nun offensichtlich einen unbeteiligten, wehrlosen Flüchtenden zu Boden werfen darf, um ihn dann mit gezielten Kopfschüssen zu exekutieren, auf den blossen Verdacht hin, er trage eine Bombe auf sich - so verlautet es mindestens in den Nachrichten von heute. Wollen das die Engländer wirklich so? Darf ich nie mehr mit einem kleinen Rucksack in eine U-Bahn in London steigen?

Sonntag, Mai 29, 2005

Non!

Non au centralisme!

Donnerstag, Mai 12, 2005

Analphabetismus

Es geistert durch die Medien: eine weitere Studie die "objektiv" festhält, wer wie gut lesen und rechnen kann.

Dazu drei Gedanken: Erstens einmal ist es schon erstaunlich, wie kritiklos zahlreiche seriöse Medien die Ergebnisse dieser Studien kolportieren. Gibt es denn in diesen Redaktionen niemanden, der weiss, auf wie vielen wackeligen Beinen solche Untersuchungen stehen? Haben die keine wissenschaftlich gebildeten Leute in ihren Schreibstuben? Ich denke da vor allem an die Landesvergleiche, bei denen der stossende Unsinn am offensichtlichsten ist. Die Durchschnittsbevölkerung der Bermudas oder von Kanada sollen besser lesen können als die Schweizer? Ha ha, jeder der einmal eine Reise gemacht hat, weiss, was daran stimmt und was nicht.

Zweitens: Es gruselt einem, wenn man die Politikerkommentare hört. Offensichtlich ist auch bei ihnen bezüglich Umgang mit wissenschaftlichen Studien von einer gewissen 'Leseschwäche' auszugehen.

Drittens: Wenn tatsächlich 20% der erwachsenen Bevölkerung nicht in der Lage sind, einfache Texte zu lesen, gibt es dann bald ein Gerichtsurteil, das einen bloss schriftlichen Vertragsabschluss für null und nichtig erklärt, sofern nicht nachgewiesen werden kann, dass der Vertrag vorgelesen wurde?

Stellen Sie sich bsp.weise den Verkauf von Mobiltelephonen vor. Man könnte argumentieren, dass heutzutage hinlänglich bekannt sei, dass ein Teil der Leute die ihnen vorgelegten Verträge nicht verständen. Nun gut, vielleicht gilt der Einwand: wer nicht lesen kann, muss verlangen, dass ihm alles vorgelesen wird, sonst ist er selber Schuld. Was aber, wenn das Verkaufspersonal auch nicht lesen kann...?

Dienstag, April 12, 2005

Junk Bond Nestlé?

Der CEO von Nestlé, Peter Brabeck, droht seinen Aktionären offensichtlich mit Rücktritt für den Fall, dass sie ihn nicht nach seinen Vorstellungen auch als Vorsitzenden des Verwaltungsrates bestätigen. Das ist ein Affront, denn es findet hier eine Umkehrung der Verhältnisse statt. Rechtmässiger Besitzer von Nestlé und damit befugt, die Bedingungen zu diktieren, ist nicht Brabeck, sondern sind die Aktionäre.

Nun, wie kommt Herr Brabeck zu seiner Auffassung? Es lassen sich verschiedene Spekulationen anstellen:

Herr Brabeck geht davon aus, dass er aus Sicht der Aktionäre zur Zeit unersetzbar ist. Ist das auch seine Sicht? Heisst das, dass er keinen Nachfolger aufgebaut hat? Hat er tatsächlich diesen bei unreflektiertem Ausleben des Machtinstinktes häufigen Fehler begangen?

Was denkt Herr Brabeck über seine Aktionäre? Allzu viel ‚Leadership’ scheint er ihnen nicht zuzutrauen. Kann man mit Pensionskassen umspringen wie man will? Es zeigt sich je länger desto mehr: die erzwungene Anhäufung von Geld, das irgendwelche Angestellte nach ihrem Gutdünken anzulegen und zu mehren suchen, ist ein Unding. Vermögenswerte gehören in die Hände ihrer Besitzer, nicht in die Hände von Verwaltern, sonst droht Verlust.

Welche Rolle spielt der jetzige Verwaltungsratspräsident, Rainer Gut? Er muss einverstanden sein mit dem Vorgehen Brabecks. Hat er es ihm gar nahegelegt? Verbleibt so Gut auch im Ruhestand ein Teil seines Einflusses? Welches Motiv bewegt ihn? Steht Brabeck unter Druck? Gibt es etwas zu verbergen? Soll ein ‚neuer Besen’ und eine dann mögliche ‚Frühlingsputzete’ verhindert werden?

Druckversuche wie diese sollten uns inzwischen hellhörig machen!

Auch das Undenkbare muss gedacht werden, wie uns der Blick auf die jüngste Schweizer Wirtschaftsgeschichte lehrt.

Empfehlung: den Jahresabschluss und da insbesondere allfällige Veränderungen der Konzernstruktur von Nestlé genau unter die Lupe nehmen.

Donnerstag, März 24, 2005

Frühling

Zürich, Bürkliplatz, am See: ein Taucherli quakt wie eine schwimmende Ballonhupe.

Dienstag, März 22, 2005

Tricky business

Ich muss lachen.

Die Swiss ist verkauft, an die deutsche Lufthansa.

Und wir lesen noch am gleichen Abend, dass auf einmal Gespräche mit der deutschen Regierung über das Anflugregime in Zürich möglich sein sollen, obwohl das von deutscher Seite seit Ablehnung der Zumutung von Staatsvertrag vor wenigen Monaten ununterbrochen kategorisch ausgeschlossen wurde.

Und Bundesrat Moritz Leuenberger freut sich darüber.

Ja worüber denn? Es muss doch auch dem naivsten Zeitgenossen aufgehen, was da gespielt wurde.

Montag, März 07, 2005

Gentechnologie und Nahrungsmittel

In diesem Zusammenhang werden oft auf die Gefahren einer unkontrollierten Verbreitung modifizierter Gene hingewiesen. Deshalb sind in der Schweiz ja auch Freilandversuche so strengen Regeln unterworfen, dass sie bisher praktisch nicht durchführbar sind.

Von Seiten der Agroindustrie heisst es, die modifizierten Pflanzen seien resistenter, ertragreicher, würden unsere Nahrungsbedürfnisse besser abdecken. Und: ihr Nährwert sei unbedenklich. Alles in allem ein grosser Fortschritt für die Menschheit im Kampf gegen den Hunger.

Nun, Eingriffe in das Erbgut führen wie übermässige Züchtung oft zu einem Verlust des sogenannten Polymorphismus, d.h. die Bandbreite an Reaktionsweisen z.B. einer Pflanze auf Umwelteinflüsse wird eingeschränkt. Sie kann sich nicht mehr an verschiedene Umweltbedingungen anpassen und ist bei z.B. Klimaänderungen den Wildformen unterlegen. Oft sind die modifzierten Pflanzen zudem unfruchtbar – was, gemäss Intuition des zwar botanischen Laiens aber aufmerksamen Zeitgenossens, gegen ein qualitativ hochwertiges Produkt spricht.

Könnte es sein, dass es in Nahrungsmitteln Stoffe gibt, deren Funktion und Wichtigkeit heute noch nicht bekannt sind, die wir deswegen auch nicht kontrollieren, deren Fehlen aber mit Verzögerung eines Tages zu Mangelerscheinungen bzw. zu neuen Krankheitsbildern führen? Mir scheint, die Zurückhaltung der Konsumenten ist nicht Ausdruck einer Hysterie sondern ein Zeichen gesunden Misstrauens.

Donnerstag, März 03, 2005

Raucherplage

Da setze ich mich nach der Arbeit zum Zeitunglesen noch kurz in ein Café in Zürich Paradeplatz und, bevor ich etwas bestellt habe, schon bin ich von links und rechts mit Zigarettenqualm eingenebelt – meine Kleider stinken noch am nächsten Morgen.

Es ist erstaunlich: die schädlichen Auswirkungen des Passivrauchens auf den menschlichen Körper sind hinlänglich bekannt. Die Staaten Europas überbieten sich gegenseitig mit immer strikteren Rauchverboten. Und die Schweizer Restaurateure wagen es, ihr Personal und ihre Kunden weiterhin im Tabakrauch sitzen zu lassen. Hat denn von diesen Leuten niemand Angst, er könnte eines Tages mit einer Schadenersatzklage von erkrankten Serviceangestellten oder Stammkunden konfrontiert werden?

Dienstag, Februar 22, 2005

George W. Bush in Brüssel

Präsident Bush besucht Europa. Die Stimmung sei grossartig. -- Nun, die Geschichte wiederholt sich nicht. Aber war da nicht schon einmal so ein Besuch?

War da nicht einmal der Frühsommer 2002, als die Europäer nicht allzuviel Gutes hielten von 'diesem Texaner', ja, gar befürchteten, er könne einen Krieg anzetteln im Nahen Osten? Dann kam er zur Visite und versprach seinen Verbündeten, er würde nichts unternehmen, ohne sie zuvor zu konsultieren. Und die Echos, zumindest in den Deutschen Medien, klangen begeistert.

Bis dann 10 Monate später die Friedensbewegten halb Europas auf den Strassen Parolen skandierten gegen den amerikanischen Alleingang. Nichts gegen Bush, aber man hätte von der sogenannten Oeffentlichkeit doch ein ganz ein wenig mehr an Gedächtnis erwartet.

Mittwoch, Februar 16, 2005

Meschenwürde

Bei ethisch-moralischen Fragen wird heutzutage früher oder später der Begriff der Menschenwürde ins Spiel gebracht. Die Menschenwürde sei zu respektieren, heisst es jeweils. Die Menschenwürde sei unantastbar. Seltsamerweise führt jedoch nie ein Autor aus, was er darunter versteht. Als ob es sich bei diesem Begriff um einen absoluten Wert handelte, der keiner näheren Begründung bedürfte, um eine Forderung, die niemand bestritte.

Dies ist leider jedoch nur bei einer oberflächlichen Betrachtung der Fall. Bei genauem Hinsehen zeigt sich der ganze argumentative Notstand einer säkularen Gesellschaft. Denn: was ist das eigentlich, die Menschenwürde? Täglich bekommen wir in der Tagesschau bestätigt, dass diesbezüglich weltweit eine grosse Begriffsverwirrung herrscht. Und die Theoretiker der Postmoderne bekräftigen: es gibt keine absolute Wahrheit.

Ohne die definierende Kraft einer religiösen Ordnung bleibt der Begriff der Menschenwürde eine Phrase. Denn: ohne Religion im weitesten Sinne keine Moral. Ohne Religion keine Ethik. Die Würde des Menschen lässt sich nicht aus sich selbst heraus definieren, sondern sie benötigt ein System an Werten, auf das sie sich bezieht. Würdig und wertvoll wird der Mensch durch die Sicht von aussen. Genau wie Gold als solches wertlos ist, erst im Kontext einer Konvention erhält es seinen Wert.

Wer von Menschenwürde spricht, sollte daher stets bezeichnen, auf welche Tradition er letztlich zurückgreift. Auf die des Islams, oder des Judentums, oder des Christentums. Oder eine andere, aber dann wüssten wir bitte gerne, auf welche? Ob überhaupt auf irgend etwas zurückgegriffen wird? Oder kommt da bloss ein: Nichts?

Samstag, Februar 12, 2005

Sensation

Die ideale Welt der Massenmedien wäre eine Welt der Einzigartigkeiten sonder Zahl, jede Meldung eine Nachricht von noch nie Gewesenem.

Dabei ist es doch so.

Bloss: die meisten Schreiber scheitern in der Darstellung.

Freitag, Februar 11, 2005

Bärendienst der SBB

S-Bahnhof Zürich, Gleis 21, schon zweimal hat der Zugbegleiter auf dem Perron Reisenden vor mir Auskunft gegeben, es nähert sich ihm ein dritter und die Antwort ist erneut: „Nein, dieser Zug ist eine S-Bahn und hält nicht in Schlieren, nein, dieser Zug hält nicht in Dietikon, dazu müssen Sie die S 12 nehmen auf dem Gleis nebenan, nein, dieser Zug hält nicht in Spreitenbach-Killwangen, dazu müssen Sie...“ Ich bin, so leid er mir schon tut, der vierte innert Sekunden, der ihn um die gleiche Auskunft bittet.

Die schweizerischen Bundesbahnen haben sich beim Fahrplanwechsel im Dezember 04 mit der Abschaffung bzw. Verschlimmbesserung der handlichen und äusserst praktischen, an jedem Bahnhof aufgelegten Streckenpläne, einen Bärendienst geleistet, und dies gleich in doppelter Hinsicht.

Erstens werden sie so Gelegenheitsfahrer verlieren. Da diese den Zug selten benutzen, kennen sie den Fahrplan nicht auswendig. Je einfacher sie daher Zugang zu Informationen wie Abfahrts- und Ankunftszeit sowie Haltestellen bekommen, desto eher werden diese Kunden im entscheidenden Moment anstelle des Autos die Bahn nehmen. Versteckt die SBB diese wichtigste PR-Information vor ihrer Klientel, betreibt sie ein Anti-Marketing. Gelegenheitsfahrer sind ausserdem mögliche zukünftige Käufer eines Abonnementes und gehören damit in einer durchdachten Marketingstrategie zur Kernzielgruppe der Oeffentlichkeitsarbeit.

Zweitens müssen nun die bemitleidenswerten Zugbegleiter ihren Kopf hinhalten dafür, dass im ganzen HB Zürich nirgends mehr - ausser durch Auskunftspersonen - zu erfahren ist, ob ein Zug in z.B. Killwangen-Spreitenbach halten wird. Das weckt nostalgische Erinnerungen an Interrail-Reisen auf südeuropäischen Linien.

Angesichts von Problemen bei der Information der Zugpassagiere im Fall von z.B. Stellwerkstörungen, wie erst kürzlich wieder in Zürich, von der Einführung eines komplexen Monitorsystems zu träumen, notabene angesichts der Tatsache, dass nicht einmal die bestehenden und geplanten Zugsinformations-/-kontrollsysteme voll funktionieren, dabei aber ein seit Jahren bewährtes narrensicheres Informationsmittel praktisch aus dem Verkehr zu ziehen, ist ein Eigentor der obersten Güteklasse.

Freitag, Februar 04, 2005

Fussballklub Servette Genf Konkurs

Der Erfolg eines Fussballklubs ist immer auch ein Gradmesser für die wirtschaftliche Potenz einer Region oder Stadt. Ist in diesem Licht die Zahlungsunfähigkeit des Genfer Traditionsklubs Servette nach denjenigen von Sion und Lausanne Ausdruck eines zunehmenden ökonomischen Gefälles zwischen Deutscher und Französischer Schweiz?

Nimmt man die Tabelle der obersten Spielklasse, so muss sich auch Zürich fragen, ob ihm Basel nicht nur auf dem Rasen den Rang ablaufen wird.

Donnerstag, Januar 20, 2005

CO2-Abgabe

Schweizer Wissenschaftler fordern eine CO2-Abgabe. Diese würde unter anderem die Wirtschaft fördern.

Eine CO2-Abgabe ist wie jede andere Abgabe an den Staat eine Steuer. Dass höhere Steuern die Wirtschaft fördern sollen, ist ein Humbug. Es ist unverständlich, wie 'Wissenschaftler' so etwas behaupten können.

Es würden dadurch neue Arbeitsplätze geschaffen, sagen sie. - Ja, wieso geben wir eigentlich nicht 100% unseres Einkommens als Steuern ab, wenn dadurch immer noch mehr Arbeitsplätze geschaffen werden können? Versuchen Sie doch einige Momente, diesen Gedanken konsequent zu Ende zu denken und Sie werden erkennen, wie absurd solche Ueberlegungen sind. Für jeden Arbeitsplatz der so geschaffen wird, werden andere aufgrund von höheren Kosten und eines zusätzlichen Verwaltungsapparates mit mehr behördlicher Ineffizienz vernichtet. Wer die Wirtschaft fördern will, muss Steuern senken.

Dienstag, Januar 18, 2005

Rechtsstaat - Zum Kindeswohl

Gemäss Presseverlautbarung des Zürcher Obergerichtes vom 18. Jan 05 sind die von ihrer Mutter vor 4 Jahren entführten Kinder von Maya Wood nach Australien zurück geschafft worden. Es sei im Interesse der Kinder geschehen.

Als interessierter Laie stelle ich mir dabei nach der Lektüre eines zusammenfassenden Artikels in der NNZ vom Sonntag vom 16. Jan 05 folgende Fragen:

1. Wieso habe ich in einem so sensiblen Fall noch keine einzige überzeugende Begründung vernehmen können, was an diesem Entscheid dem Kindeswohl dienen soll? Sämtliche angeführten Gründe laufen früher oder später immer darauf hinaus, dass dies ein Entscheid im Dienste der Staatsräson war. Die beteiligten Behörden sollten doch bei der publizistischen Wirkung des Falls ein grosses Interesse daran haben, allenfalls verzerrte öffentliche Darstellungen zu entkräften.

2. Rechtssprechung geschieht öffentlich: werden wir die vollständige richterliche Begründung einsehen dürfen?

3. Wieso sind die jeweiligen Bezirksgerichte im Kanton Aargau und Zürich zum Schluss gekommen, dass eine Ausschaffung den Kindern schade, die Obergerichte dann aber zum Gegenteil? Heisst das, dass ein Urteil gar nicht eindeutig zu fällen war? Wurde in diesem Fall dem Grundsatz, im Zweifelsfalle für den Angeklagten, Gerechtigkeit getan? Wer war hier der „Angeklagte“- waren es nicht die Kinder? Und: kann es sein, dass Bezirksgerichte den Personen „näher“ stehen, Obergerichte dafür „näher“ bei der Staatsräson sind?

4. Wieso kann das Obergericht des Kantons Aargau am 21. Oktober 2002 die Berichte der Therapeutinnen Graf und Koch (Kinder- und Jugenpsychiatrischer Dienst Aargau) zuhanden des Bezirksgerichtes Baden (Entscheid vom 10. Juli 02) einfach ignorieren, mit dem Hinweis, dass sie mündlich geäussert worden seien und ihnen damit als Aktennotiz keine Beweiskraft zukomme? Wieso kann man diese Aeusserungen nicht nachträglich schriftlich bestätigen lassen und sie dann verwenden? – Ich weiss schon, dass Juristen darauf auf Verfahrensregeln verweisen, aber das ändert doch nichts an der Tatsache, dass in diesen Aeusserungen eine für den Fall entscheidende Konsequenzen habende Einschätzung zum Ausdruck kommt, und dass diese deshalb auch vom Bezirksgericht Baden verwendet worden sind.

5. Geht es bei der Rechtsprechung um Gerechtigkeit oder um mechanistische Anwendung des Gesetzes? Wessen Interessen dient das Gesetz? Schützt es die Interessen von Individuen oder die des Kollektivs?

6. Hätte eine Mehrheit der einsichtigen Schweizer gleich entschieden? Ist das nun ein Beschluss, den ich als Zürcher, als Schweizer mittrage?

Sonntag, Januar 09, 2005

FDP Zürich: das Dilemma mit Leutenegger

Dem Schweizer Politiker Filippo Leutenegger droht in absehbarer Frist der Ausschluss aus dem Vorstand seiner Kantonalpartei, der FDP Zürich. Für den Geschmack seiner Kollegen entfaltet er eine zu grosse Eigendynamik, zu oft steht er für seine von der Parteilinie abweichenden Standpunkte ein, zu eigensinnig interpretiert er die Grundwerte der FDP.

Da zeigt sich das Dilemma der Freisinnigen Partei: als hierarchisch aufgebaute Organisation verlangt sie den geschlossenen Auftritt, das liegt in der Natur der Sache. Dem Liberalen hingegen ist nichts so suspekt wie die uniforme Parole.

Meine Prognose: Der Versuch, den Dissidenten zu zügeln, wird den Zerfallsprozess der FDP weiter beschleunigen, da es sich um einen Akt handelt der im Gegensatz zu einem der fundamentalen Werte der Partei steht.

Donnerstag, Januar 06, 2005

Tsunami Warnungen

Es scheint, dass Spezialisten am 26.12.04 nach dem Seebeben vor Indonesien die Gefahr einer Flutwelle erkannt hatten, es jedoch nicht wagten, Regierungen und die Oeffentlichkeit zu warnen. Aus Angst, wegen einer Kompetenzüberschreitung ihr Gesicht und ihren Job zu verlieren. -- Werden nicht schon Kinder dazu erzogen, Grenzen auch einmal zu missachten, kann das unter Umständen tragische Folgen haben...