Dienstag, Januar 18, 2005

Rechtsstaat - Zum Kindeswohl

Gemäss Presseverlautbarung des Zürcher Obergerichtes vom 18. Jan 05 sind die von ihrer Mutter vor 4 Jahren entführten Kinder von Maya Wood nach Australien zurück geschafft worden. Es sei im Interesse der Kinder geschehen.

Als interessierter Laie stelle ich mir dabei nach der Lektüre eines zusammenfassenden Artikels in der NNZ vom Sonntag vom 16. Jan 05 folgende Fragen:

1. Wieso habe ich in einem so sensiblen Fall noch keine einzige überzeugende Begründung vernehmen können, was an diesem Entscheid dem Kindeswohl dienen soll? Sämtliche angeführten Gründe laufen früher oder später immer darauf hinaus, dass dies ein Entscheid im Dienste der Staatsräson war. Die beteiligten Behörden sollten doch bei der publizistischen Wirkung des Falls ein grosses Interesse daran haben, allenfalls verzerrte öffentliche Darstellungen zu entkräften.

2. Rechtssprechung geschieht öffentlich: werden wir die vollständige richterliche Begründung einsehen dürfen?

3. Wieso sind die jeweiligen Bezirksgerichte im Kanton Aargau und Zürich zum Schluss gekommen, dass eine Ausschaffung den Kindern schade, die Obergerichte dann aber zum Gegenteil? Heisst das, dass ein Urteil gar nicht eindeutig zu fällen war? Wurde in diesem Fall dem Grundsatz, im Zweifelsfalle für den Angeklagten, Gerechtigkeit getan? Wer war hier der „Angeklagte“- waren es nicht die Kinder? Und: kann es sein, dass Bezirksgerichte den Personen „näher“ stehen, Obergerichte dafür „näher“ bei der Staatsräson sind?

4. Wieso kann das Obergericht des Kantons Aargau am 21. Oktober 2002 die Berichte der Therapeutinnen Graf und Koch (Kinder- und Jugenpsychiatrischer Dienst Aargau) zuhanden des Bezirksgerichtes Baden (Entscheid vom 10. Juli 02) einfach ignorieren, mit dem Hinweis, dass sie mündlich geäussert worden seien und ihnen damit als Aktennotiz keine Beweiskraft zukomme? Wieso kann man diese Aeusserungen nicht nachträglich schriftlich bestätigen lassen und sie dann verwenden? – Ich weiss schon, dass Juristen darauf auf Verfahrensregeln verweisen, aber das ändert doch nichts an der Tatsache, dass in diesen Aeusserungen eine für den Fall entscheidende Konsequenzen habende Einschätzung zum Ausdruck kommt, und dass diese deshalb auch vom Bezirksgericht Baden verwendet worden sind.

5. Geht es bei der Rechtsprechung um Gerechtigkeit oder um mechanistische Anwendung des Gesetzes? Wessen Interessen dient das Gesetz? Schützt es die Interessen von Individuen oder die des Kollektivs?

6. Hätte eine Mehrheit der einsichtigen Schweizer gleich entschieden? Ist das nun ein Beschluss, den ich als Zürcher, als Schweizer mittrage?

Keine Kommentare: